
Schopfgibbon (Hylobates concolor) - In den Baumwipfeln zu Hause
Der Schopfgibbon ist eine von fünf Arten der Familie der Gibbons. Ein anderer Name für Gibbons ist "Kleine Menschenaffen". Nicht ohne Grund; Gibbons sind nah mit den "Großen Menschenaffen", zu denen man Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans zählt, verwandt. Und damit sind Gibbons auch relativ nahe Verwandte des Menschen. Sie leben in den Regenwäldern Südostasiens in Familiengruppen, die aus einem Paar und ihren Nachkommen bestehen. Das Gibbon-Weibchen bekommt alle zwei bis drei Jahre ein einziges Jungtier, das lange in der Gruppe bleibt, so dass meistens zwei bis vier Jungtiere unterschiedlichen Alters zur Gruppe gehören. Die Familie unternimmt in ihrem Revier Wanderungen, um ihre Hauptnahrung - verstreut vorkommende Früchte - zu erreichen. Eine Besonderheit des Schopfgibbons ist die unterschiedliche Färbung der Geschlechter. Während Männchen und Jungtiere schwarz sind, besitzen die Weibchen eine hellbraune Fellfärbung. Dieser Geschlechtsdimorphismus ist für Gibbons sehr ungewöhnlich, da sich bei den übrigen Gibbonarten die Geschlechter kaum unterscheiden, wie dies bei monogam lebenden Tieren der Regelfall ist.
Gibbons haben die längsten Arme aller Primaten. Sie erreichen die 2,6-fache Rumpflänge (Mensch: 1,48-fach). Die Länge ihrer Arme ermöglicht den Gibbons eine Fortbewegungsweise, die im Bereich der Baumkronen ideal ist und als Schwinghangeln bezeichnet wird. Hierbei bewegen sich die Tiere mit den Händen von Ast zu Ast greifend fort, wobei der Körper passiv wie ein Pendel mitschwingt. Diese Art der Fortbewegung ist nicht nur äußerst energiesparend, sondern ermöglicht auch hohe Geschwindigkeiten und die Überwindung von bis zu zehn Meter weiten Strecken im Sprung. Um solche "Riesensätze" zu schaffen, ist es wichtig, möglichst viel Schwung durch die Pendelbewegung zu erhalten, wobei lange Arme von Vorteil sind. Trotz ihrer Geschicklichkeit beim Schwinghangeln scheinen Gibbons von Unfällen nicht verschont zu bleiben. Man schätzt, dass etwa ein Drittel aller Tiere Knochenbrüche aufweisen, die auf Stürze zurückzuführen sind. Die hängende Fortbewegungsweise ist auch bei der Nahrungsaufnahme von Bedeutung. Sie ermöglicht es den Gibbons, Früchte aufzunehmen, die sich in den äußeren Bereichen der Bäume an dünnen Zweigen befinden.
Gibbons sind in jeder Hinsicht besondere Primaten. Berühmt ist auch ihre Art der Kommunikation. Gibbons verständigen sich durch 20 bis 30 minütige weittragende Gesänge. Einige Arten - auch der Schopfgibbon - besitzen zur Resonanzverstärkung Kehlsäcke, die beim Singen aufgebläht werden. Es fallen zwei Dinge auf: Gibbons singen selten allein. Meistens singen beide Partner oder die gesamte Familiengruppe. Außerdem sind die Gesänge des Paares genau aufeinander abgestimmt und wechseln einander ab, wobei sich bei alten, harmonierenden Paaren fast fließende Übergänge zwischen den Gesängen der Partner ergeben. Man nimmt an, dass diese Chor- und Duettgesänge verschiedene Funktionen haben: Sie dienen ähnlich wie die Gesänge der Singvögel der Revierabgrenzung und der Anzeige des Standorts der Gruppe. Darüberhinaus festigen sie die Bindung des Paares, wodurch eine erfolgreiche Jungenaufzucht erst möglich wird.
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